DIE IMMER WERDENDE SCHÖPFUNG
Romee d´Harambure.
Die Frage Gottes an Adam „Wo bist Du?“ durchzieht die ganze Bibel und die ganze Geschichte der Menschheit. Wurde sie einmal beantwortet außer durch einige Heilige und Weise?
Berechtigte Frage Gottes, die allerdings auch anders lauten könnte: Was machst Du?
Hat er nicht sein größtes Werk, die Schöpfung, in unsere Hände gelegt und uns den Auftrag gegeben, sie fertig zu machen? Sind wir nicht die einzigen Lebewesen, denen er die freie Wahl geschenkt hat? Sind wir nicht gerade deswegen Ebenbild Gottes und somit auch „Mit-Schöpfer“? Falls ja, wäre der Sinn unseres „Seins“ schon gefunden. Damit wären aber auch die Entwicklung der Welt, bzw. unsere laufenden Entscheidungen das Schicksal Gottes.Nur die Liebe kann es so weit bringen!Nur die volle Hingabe.Die Hingabe bis zur Kreuzigung. Hier wäre über die Liebe viel zu sagen, dennoch sollte es im Zusammenhang mit anderen Gedanken geschrieben werden.
Wo bist Du? Was machst Du? Essind die Fragen Gottes. Vielleicht der Ausdruck seiner Unsicherheit über die Zukunft der Schöpfung, seitdem er sie unter unsere Freiheit gestellt hat. Genau dieses würde unterstellen, dass im Schöpfungsakt kein Plan und keine Richtung vorhanden war (Determinismus), sondern dass nur ein Wunsch geäussert wurde. Ein Ausdruck der Liebe, die auch Vertrauen ist. Die Schöpfung als Urgeschenk der Liebe beinhaltet sehr wohl alles, was der Mensch braucht, um sie weiter zu entwickeln, unter anderem auch seine Freiheit, ohne welche das Geschenk nicht aus der Liebe entstanden wäre.
Aber um welchen Wunsch handelt es sich? Als „Mit-Schöpfer“ sollten wir es doch erkennen. Bedeutet es, dass Gut und Böse sich an der ständig wechselnden und werdenden Schöpfungsharmonie messen lassen? Nur die Liebe kann die Freiheit voll ertragen. Liebe ohne Freiheit gibt es sowieso nicht. Freiheit ohne Liebe sehr wohl. Unsere Geschichte ist leider davon gepflastert. Die Liebe erfordert die Freiheit. Somit könnte es sein, dass der Urgedanke der Schöpfung die Liebe ist. Die Liebe, die alles durchdringt, sei es durch die einfache Anziehungskraft der Moleküle, oder durch die hoch entwickelte menschliche Liebe.
Sind Leid, Krankheiten und Naturkatastrophen der Nachweis, das Gott sich wirklich aus der Schöpfung zurückgezogen hat, als er sie uns übergeben hat? Einige behaupten, dass die Natur keine moralischen Verpflichtungen uns gegenüber hat, aber ist das genug, um so viele Katastrophen zu erklären? Ab welchem Ausmass wird ein Unglück eine Katastrophe? Ist es von der Anzahl der Toten oder der Kranken abhängig? Das scheint doch sehr gewagt und nicht sehr viel mehr als eine Zahl oder ein Ergebnis zu sein. Zahlen sind aber nur Zahlen, solange sie nicht moralisch betrachtet werden. Vielleicht würde dieses aber auch bedeuten, dass das Leiden Teil des ständigen Schöpfungsakts ist. Falls ja, wäre dann das Blut des Martyriums das höchste Symbol dessen, was zu kommen hat? Opfer des Schöpfungsprozesses, den die Überlebenden zu ehren haben und der die Zukunft prägt? Aber bekommt damit das Leiden einen Sinn, so wie es uns vor 2000 Jahren mit der Kreuzigung gezeigt wurde?
Ist also die Schöpfung weder einmalig, noch ewig, sondern einfach im ständigen Werden? Können wir es uns erlauben, Gott an der Einmaligkeit seiner Schöpfung zu begrenzen? Können wir uns wirklich nicht mehrere Schöpfungen ausdenken? Sinnvolle Frage, deren Antwort die Fragestellung ist, aber sicherlich nicht die Frage selbst. Der Sinn der Schöpfung ist für uns außerhalb der Liebe unerklärlich. Und genau deswegen sollte diese Frage uns bewegen. Weil diese Frage so unheimlich ist, erweckt sie von selbst Neugier, allerdings leider mit dem Maß unsere Begrenztheit. Je mehr wir diese Grenzen verschieben, desto strenger werden sie, und desto mehr entfernt sich die Antwort auf die Frage, die immer wieder gestellt wird, allerdings immer wieder anders auf Basis der Entwicklung und der Wissenschaft. Dennoch bleibt die Frage immer die gleiche. Gab es einen Anfang? Einen Anfang ohne Ende? Eine Schöpfung, mehrere Schöpfungen, eine immer werdende Schöpfung? Alle diese Fragen können wir nicht beantworten, es sei denn nur mit Glauben und Hoffnungen.
Warum nicht alles dem Zufall überlassen statt zu versuchen, das Unerklärliche zu verstehen. Ist der Zufall nicht auch Teil der Schöpfung und somit der Schöpfungsordnung untergeordnet? Ist alles nicht komplementär gegenüber allem? Ist die natürliche Selektion, welche Zeit, Wunder sowie Katastrophen braucht, nicht einfach das Maß der Zukunft? Dafür sollten wir den Zufall besser verstehen. Philosophische und wissenschaftliche Schriften diesbezüglich fehlen nicht. Dennoch und auch wenn der Zufall den großen Ziffern unterliegt, unterliegt er auch immer einer Regel, wenn es auch wiederum der Zufall ist, welcher der Entwicklung so unglaublich nützt. Mit oder ohne Richtungsweisung? Diese Frage beschäftigt viele und ist sehr oft nicht ohne Glauben oder Hoffnungen zu beantworten. Und wenn dem Zufall eine größere Zahl der Möglichkeiten unterliegt, unterliegt er dennoch gewissen Möglichkeiten. Dass es in der Entwicklung eine Richtung gibt, ist zumindest ein Eindruck, der leicht zu empfinden ist. Wir können alle den Ursprung erraten, sowie seine Entwicklung in der Zeit. Wir können die jetzigen Verhältnisse und Verbindungen verstehen, dennoch können wir nur raten, „empfinden oder „erfinden“, wie die Zukunft sein wird. Und genau diese Begriffe sind auch die Ränder unseres Weges. Dahinter und teilweise sichtbar, aber teilweise auch unsichtbar steht oder liegt irgendwo unsere Hoffnung, die durch Bilder des Paradieses ausgesprochen werden. Dennoch sind es nur Bilder, geprägt von Hoffnungen.
Ist das ständige Werden auch für Gott gültig? Ist Gott im Werden oder ist nur der Mensch im Werden?
Diese Frage beinhaltet viele andere. Selbstverständlich ist das „werden“ auch für Gott gültig. Es ist das Echo der Freiheit, die wir haben und der er sich freiwillig unterordnet. Wenn man dieses Mysterium nicht begreift, kann man den Rest der metaphysischen Überlegungen gar nicht verstehen. Es bleibt für uns ein Mysterium, dennoch ist es möglich, gewisse Begriffe zuzuordnen. Und hier stellen sich dann einige Fragen, für die wir keine Antwort haben:
Sollen wir die Menschwerdung von „Christus“ an den Fähigkeiten Gottes bestreiten? Ist er uns zu fremd, um wahr zu sein? Ist er nicht der beste Weg zu dem, was wir werden könnten? Ist er nicht die größte Ehre, die wir uns selbst machen können, wenn wir Gott als Mensch betrachten. Sollen wir diese Betrachtung abstreiten, nur weil sie sich nicht wissenschaftlich beweisen lässt? Ist es nicht in der Natur der Tatsache selbst, dass eine logische Erklärung ohne Glauben gar nicht möglich ist. Aber warum sprechen wir von der Menschwerdung Gottes statt von der Gotteswerdung eines Menschen? Und wenn das eine und das andere das gleiche wäre?
In jedem Fall wäre beides zu betrachten: die Gotteswerdung des Menschen, welche unsere größte Ehre ist, als auch die Menschwerdung Gottes, welche unsere größte Hoffnung darstellt. Beides ist in einem und untrennbar. Unser Werden erlaubt uns, in die Zeit und somit auch in die Ewigkeit einzutreten. Leider gelingt es uns nur mit der Erfahrung der Vergangenheit, denn die Zukunft bleibt uns zum Großteil verborgen. Der einzige, der das Gegenwärtige beurteilen kann, ist derjenige, der es aus der Sicht der Zukunft betrachten kann. Wir können leider nur das Gegenteil, bzw. die Zukunft aus der Sicht des Gegenwärtigen beurteilen.
Alles pendelt, alles ist im Werden, auch das Warten erlaubt der Richtung, sich zu entwickeln.
Und genau dieses ständige hin und her, immer anders und trotzdem immer gleich, ist Teil der Entwicklung und somit auch Teil der Schöpfung. Es basiert auf dem „war“, bzw. auf der Vergangenheit, stellt sich unter den Einfluss des „ist“ und schaut hoffnungsvoll in die Zukunft.Auch das Still sein entwickelt sich in diesem Fall als eine Bewegung, wäre sie nur die Stille zwischen mehrere Richtungen. Es kann alles sein. Eine Pause, aber auch ein Ende und auch ein Anfang. Ob man es will oder nicht, alles entwickelt sich, auch wenn es manchmal nur darauf wartet, sich zu entwickeln. Das Warten und das Ruhen werden somit wichtige Teile der Entwicklung. Wenn die Bewahrung des „ist“ nicht mit Warten, Hoffnungen und Vertrauen verbunden ist, lässt man sich von der Unsicherheit gegenüber der Zukunft beeinflussen, was Ängste provoziert. Es wäre, als ob man der Zeit den Rücken kehrt und ein Misstrauen dem Schöpfer gegenüber entwickelt. Wenn man die Hoffnung aufgibt, bleibt dann nicht mehr sehr viel übrig. Um es zu verstehen, sollte man mit einem Selbstmordgefährdeten plaudern, einem, der der Entwicklung den Rücken kehrt und die Hoffnung einfach sterben lässt.
Es gibt zum Glück viele Wahrheiten: Manche werden als Religion aufgestellt und aufgewertet. Als getaufter Christ erkenne ich, dass die Geheimnisse als Dogma erklärt wurden, und sage nicht „ich weiß“, sondern „ich glaube“. Das kann ich umso leichter, desto bewusster mir die Begrenzung meines Wissens ist. Dieses Glauben ist auch der Nährboden meiner Hoffnungen für die immer werdende Zukunft der Schöpfung. Die Wissenschaft, sagt man, geht mit dem Verstand und der Ratio bis an die Grenzen des Erklärbaren. Die Metaphysik und das Glauben gehen durch Ihre Fragenstellung den Weg einfach weiter. Einige behaupten, die Frage ist schon die Antwort. Und die haben Recht, denn die Neugier ist auch die Mutter jedes Wissens. Es gibt unglaublich viele Wahrheiten, die sich auch wechselseitig ergänzen, und weil es so viele Wahrheiten gibt, wird auch sehr oft das Wissen mit Glauben und Hoffnungen ergänzt. Diese Einstellung erlaubt somit dem Geist, sich zu entfalten genau dort, wo er sich eigentlich wünscht zu sein oder zu hinzugehen.
Das Unbegreifliche, das Unerklärbare, das Unfassbare ist das Schöne. Eventuellauch das Leben, in welcher Form auch immer es sich darstellt. In jedem Fall scheint alles verbunden zu sein. Damit werden Gegenseitigkeiten erzeugt in unheimlichen Formen und Zahlen, die weder die Chemie noch die Physik bis dato erfasst haben. Die schwarzen Löcher, deren Zusammenhang wir derzeit nicht verstehen, werden der nächste Schritt zur Erklärung des Universums. Und dann? Sind wir dann nicht wieder beim Glauben gelandet? Leben wir eigentlich nicht vom Unbegreiflichen, Unerklärbaren und Unfassbaren? Ist es nicht Dünger für unsere Neugier, Wissen und Forschung, aber auch Vertrauen und Hoffnung?
Ja es gibt viele Wahrheiten, und es ist eine große Vereinfachung, alles nur in einer zu sehen. Diese vielen Wahrheiten vereinigen sich wieder auf einem anderen Niveau, egal, welchen Namen wir auch immer bereit wären, diesem Niveau zu geben. Das Größte und das Tiefste in der Schöpfung, egal, ob es nur eine gab oder ob sie im Werden ist, bleibt der Mensch mit seinem Geist, verbunden durch die Materie, deren Gesamtheit eine Seele formt. Es mag sein, dass vielleicht später nur die Seele bleibt, anders, anderswo und anderswie, und vielleicht auch nur durch unsere Hoffnung geformt. Selbstverständlich ist das Wissen wichtig, aber entscheidend ist auch das Genussempfinden, denn ohne Staunen und Empfinden gäbe es auch keinen Weg der Tiefe und der Stille, wo die Dimensionen anders sind und die Sprache leise. Die tiefen Wahrheiten bleiben somit immer sehr persönlich und können nicht generalisiert werden. Dennoch stellt sich die Frage, ab wann es Wahrheiten sind und ab wann Stufen einer Erkenntnis. In der Quantenphysik wird die Unbestimmtheit hervorgehoben. In der Chaostheorie wird das nicht mehr Kalkulierbare hervorgehoben. In der Evolution versuchen wir determinierte Vorgänge zu finden. Überall sind Möglichkeiten, die sich unter gewissen Umständen verwirklichen. Und die Schöpfung ist voller Möglichkeiten und voller Umstände. Der Zufall ist nur eine Unmenge von einzelnen Ereignissen, die aber alle wechselseitigen Beziehungen pflegen. Er läuft nach dem Prinzip der „Selbstentwicklung“. Zufall ja, aber immer nur innerhalb bestimmter Gesetzmäßigkeiten. Und was wäre, wenn die Liebe davon die treibende Kraft ist?
Wort und Liebe. Am Anfang war das Wort, sagt die Bibel. Aber was ist eigentlich das Wort? Das Konzept, der Wunsch, das Gefühl, die Intuition, die Idee? Ist es nicht sehr viel mehr, indem das Ganze von der Liebe eingehüllt wurde? Und wieder kommen wir zum Gedanken der Liebe als schöpferische Tugend, welche am Anfang der ganzen Entwicklung war und sich in der Entwicklung entfaltet. Das würde aber bedeuten, dass die Schöpfung sowohl war als auch im Werden ist. Dass sie keinen Ursprung, kein Anfang und kein Ende hat, denn sie ist in sich selber „schöpferisch“. Sie hat als Prinzipien die Absoluten, nicht einzeln neben einander, sondern als Ganzes. Das Schöne, das Gute, das Infinitum, das Starke, nur um einige zu nennen, die alle in Einem vereint sind. Dieses kann für unser menschliches Verständnis nur die „Liebe“ sein.